Urinuntersuchung

Der Urin oder Harn ist das Ergebnis der Filtervorgänge in den Nieren. Über die hell- bis dunkelgelbe Flüssigkeit werden überschüssiges Wasser, Säuren, Salze, Medikamente und Toxine (Gifte) sowie Stoffwechselendprodukte (Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin) ausgeschieden.

Mit Hilfe von Urinuntersuchungen können nicht nur Erkrankungen der Nieren, Harnleiter, Blase und Harnröhre erkannt werden, sondern auch Stoffwechselerkrankungen, wie ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).

Für eine genaue Urinuntersuchung stehen vielfältige Methoden zur Verfügung. Diese können in drei Bereiche eingeteilt werden:

  • die makroskopische Urinuntersuchung: Der Urin wird anhand der Menge, der Farbe, Beschaffenheit und des Geruchs beurteilt;
  • die Urinuntersuchung mittels Teststreifen: Hierbei werden der pH-Wert und der Zucker- Eiweiß- und Nitritgehalt ermittelt. Zudem wird auf Ketone und Blut sowie Blutkörperchen im Urin getestet (siehe auch die Kapitel „Urinstreifentests“, „Urinzucker“, „Urineiweiß“ und „Urinketone“ im Gesundheitsportal „Laborwerte“).
  • die Untersuchung des Urinsediments: Bei dieser Analyse handelt es sich um eine mikroskopische Untersuchung der festen Bestandteile des Urins (siehe auch das Kapitel „Urinsediment“ im Gesundheitsportal „Laborwerte“).

Die Zusammenfassung aller Untersuchungsergebnisse wird als Urinstatus bezeichnet.

Findet man auffällige Befunde, die auf eine (bakterielle) Infektion hindeuten, so wird eine mikrobiologische Untersuchung des Harns veranlasst. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Keimzahl, die Art des Erregers und eventuelle Resistenzen des Keims gegen Antibiotika feststellen (Urikult-Test, Urinkultur).

Bei speziellen Fragestellungen werden noch weitergehende Tests angeordnet. So lässt sich aus dem 24-Stunden-Sammelurin die Kreatininclearance, die Höhe einer vermehrten Proteinausscheidung und die Elektrolytausscheidung pro Tag bestimmen.

Mithilfe der Urinelektrophorese kann eine vermehrte Proteinausscheidung im Urin genauer differenziert werden.

Die Urinzytologie aus dem aufgearbeiteten Urin erlaubt schließlich Rückschlüsse auf bestimmte im Urin vorhandene Zellen.

Makroskopische Untersuchung des Harns (Urin)

Bereits mit bloßem Auge erkennbare Veränderungen oder der Geruch des Harns lassen Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen zu. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird auch die Konzentration gelöster Substanzen im Urin ermittelt (früher Urinspindel, jetzt Kryometer). Die Untersuchungsergebnisse sind meist Anlass, um exaktere Analysen durchzuführen.

Folgende Kriterien werden beurteilt:

Trübung:

Eine gleichmäßige Trübung, die sofort nach dem Wasserlassen vorhanden ist, entsteht krankheitsbedingt durch Eiterbeimischung oder selten durch Lymphflüssigkeit. Meist ist die Trübung mit einem unangenehm stechenden Geruch vergesellschaftet. Sie deutet auf einen Harnwegsinfekt hin.

Geruch:

Frischer Urin riecht für gewöhnlich nicht oder höchstens leicht säuerlich. Nahrungsmittel (Spargel), Arzneimittel, Vergiftungen oder Infektionen können zu einer Geruchsveränderung führen. Aceton-Geruch deutet auf einen Diabetes mellitus hin.

Farbe:

Gelb: Heller goldgelber Urin ist normal und findet sich bei adäquater Flüssigkeitszufuhr. Hell wässriger Urin deutet auf eine starke Flüssigkeitszufuhr, die Einnahme von Diuretika oder auf Alkoholexzesse hin.

Dunkel: Dunkler Urin ist stark konzentriert. Auslöser kann eine geringe Flüssigkeitsaufnahme sein (Dehydration).

Braun (bier-, gelbbraun): Urin dieser Farbe deutet auf Gallenerkrankungen (Ausscheidung von Bilirubin) oder Stoffwechselwechselerkrankungen (Melanurie, Alkaptonurie) hin.

Rot: Hierbei handelt es sich oft um Blutbeimischungen bei Nieren- und Harnwegsinfekten sowie Menstruationsblut. Auch bestimmte Arznei- oder Nahrungsmittel können diesen Effekt haben.

Medikamente können den Urin in allen möglichen Farbschattierungen anfärben.

Mikrobiologische Untersuchung des Harns (Urin)

Normalerweise finden sich im Urin keine Bakterien oder Parasiten.

Legen bestimmte Beschwerden, Blut im Urin und weitere Laborwerte eine infektiöse Erkrankung nahe, so ist eine mikrobiologische Untersuchung des Urins sinnvoll. Dazu wird der zu untersuchende Urin auf verschiedene Nährböden aufgebracht und bebrütet.

Nach einiger Zeit kann man die Keimzahl sowie die „Identität“ des Erregers und damit oft seinen Ursprungsort ermitteln.

Außerdem kann durch das Aufbringen der Bakterien auf spezielle Nährböden, die Antibiotika enthalten, ermittelt werden, ob der Krankheitserreger gegen bestimmte Antibiotika bereits resistent ist. Dann muss therapeutisch auf andere Antibiotika ausgewichen werden.

Welche Aussagekraft haben die ermittelten Keimzahlen?

Keimzahlen von ≥ 100 000 cfu/ml (Kass´sche Zahl) werden als krankhaft angesehen. Man spricht dann von einer signifikanten Bakteriurie. Die Abkürzung „cfu“ bedeutet colony forming units. Die quantitative Bestimmung der Urinkultur wir anhand der gewachsenen Kolonien/Milliliter Harn auf dem Nährboden beurteilt.

Ab der oben aufgeführten Keimzahl und bei dem Vorhandensein von nur einer Keimart, kann in 80 % der Fälle – auch ohne Beschwerden – von einem Harnwegsinfekt ausgegangen werden.

Wird diese Keimzahl jedoch von zwei Erregerarten ausgelöst, so ist eine Verunreinigung der Urinprobe wahrscheinlich.

In die Beurteilung der Keimzahlen gehen auch noch andere Parameter ein. Bei Nierentransplantierten oder generell bei Männern sind Keimzahlen zwischen 100 und 10 000 cfu/ml bereits signifikant.

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 21.02.2009