Rhesus – Blutgruppensystem

Das Rhesus-Blutgruppensystem stellt ein umfangreiches Blutgruppensystem dar, das 1940 von den Ärzten Karl Landsteiner und A.S. Wiener entdeckt wurde. Wie beim AB0-System finden sich auf den roten Blutkörperchen bestimmte Oberflächenmerkmale (Antigene). Dabei handelt es sich um Eiweisstrukturen (Polypeptide), deren Ausprägung vererbt wird.

Bei der Bestimmung der Rhesus-Blutgruppe wird in die häufigsten Rhesus-Antigene unterschieden: D, C, c, E, e und weak D.
Dabei ist das Rhesus-Antigen D am stärksten immunogen wirksam.

Menschen, die das Rhesus-Antigen D haben, werden als rhesuspositiv (Rh-positiv) bezeichnet. Dies ist etwa bei 85,5 Prozent der Europäer der Fall.
Fehlt das Rhesus-Antigen D, so ist man rhesusnegativ (Rh-negativ). Etwa 14,5 % der Europäer sind keine Merkmalsträger. Ob das Rhesus-Antigen D vorhanden ist, wird bei der Bestimmung der Blutgruppe nach dem AB0-System obligatorisch ermittelt. Eine mögliche Angabe der Blutgruppe lautet dann: A rhesuspositiv.

Medizinische Relevanz des Rhesus – Blutgruppensystems

Rhesusnegative Menschen bilden nach Kontakt mit rhesuspositivem Blut Rhesusantikörper. Der „Blutkontakt“ kann bei einer Bluttransfusion oder der Entbindung eines rhesuspositiven Kindes geschehen.

Kommt es später zu einem erneuten Kontakt mit rhesuspositivem Blut, so kann es zu einem schweren Transfusionszwischenfall oder zur tödlichen Gefahr für ein Kind im Mutterleib kommen, da ein Zellfallsprozess des Blutes angestoßen wird (Hämolyse, Rhesuserythroblastose).

Was ist bei Bluttransfusionen zu beachten?

Vor einer Bluttransfusion muss die Rhesus-Blutgruppe des Spenders und des Empfängers ermittelt werden, denn bei erneutem Kontakt eines rhesusnegativen Menschen mit rhesuspositivem Blut werden die übertragenen roten Blutkörperchen zerstört. Dies kann die Ursache eines schweren Schocks sein.

Unbedingt zu beachten ist daher:

  • Patienten mit rhesusnegativem Blut vertragen nur rhesusnegatives Blut.
  • Patienten mit rhesuspositivem Blut vertragen rhesusnegatives und rhesuspositives Blut.

Was muss in der Schwangerschaft beachtet werden?

Die Blutgruppe und der Rhesusfaktor werden standardmäßig im Rahmen der Schwangerenvorsorge ermittelt. Ebenso wird untersucht, ob die werdende Mutter bereits Antikörper gegen das Rhesus-Antigen D besitzt.
Dies ist besonders bei rhesusnegativen Müttern wichtig. Bei ihnen kann sich folgende Situation ergeben: Ist der Vater ihres Kindes rhesuspositiv, so kann er dieses Merkmal dem Kind vererben.
Bei der Geburt des Kindes können kindliche Erythrozyten (rote Blutkörperchen) in den Blutkreislauf der Mutter gelangen. Die Mutter bildet daraufhin Antikörper gegen das kindliche Antigen D (Anti-D).

Dies hat für die erste Schwangerschaft keine Auswirkungen. Das erstgeborene Kind kommt gesund zur Welt. Die Antiköperbildung der Mutter setzt ja erst nach seiner Geburt ein.

Bei einer erneuten Schwangerschaft sind die Antikörper gegen das Antigen D bereits im mütterlichen Blut vorhanden. Sie können die Plazenta passieren und lösen die roten Blutkörperchen des Kindes auf. Die Anzahl seiner Erythrozyten verringert sich. Die Auswirkungen für das Neugeborene können fatal sein (Hirnschäden, Tod).

Prophylaktisch werden daher bei rhesusnegativen Müttern am Ende der ersten Schwangerschaft und kurz nach der Geburt des ersten Kindes Antikörper gegen das Antigen D verabreicht. Dadurch werden die in den mütterlichen Kreislauf eingeschwemmten roten Blutkörperchen des Kindes zerstört und die Antikörperbildung der Mutter unterbleibt.

Analytik

Aus dem Vollblut werden eventuell vorhandene Antikörper gegen die Rhesusantigene bestimmt. Die Werte variieren je nach verwendeter Methode. Die Höhe des Antikörpertiters kann für die Abschätzung möglicher Komplikationen von Bedeutung sein.

Von einem positiven Befund spricht man, wenn Antikörper gegen das Rhesusantigen vorhanden sind. Bei einem negativen Befund sind keine Rhesusantikörper nachweisbar.

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 23.02.2009