Torticollis – muskulärer Schiefhals

         

Torticollis – muskulärer Schiefhals Beim Schiefhals oder Torticollis handelt es sich um eine fixierte Fehlstellung des Kopfes. Er ist zur kranken Seite geneigt und das Kinn zur gesunden Seite gedreht. Ursache dafür ist eine strangförmige Verkürzung des Kopfnickermuskels. Etwa 0,5 % Neugeborene haben einen muskulären Schiefhals. Häufig können bei ihnen zusätzlich eine Fehlstellung der Hüfte (Hüftdysplasie) oder Klumpfüße beobachtet werden. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen.

Ursachen

Bei der angeborenen Schiefstellung des Halses ist der Kopfnickermuskel (Musculus sternocleidomastoideus) einseitig verkürzt. Dieser Muskel findet sich an beiden Seiten des Halses. Er entspringt jeweils am sogenannten Mastoid (= hinter dem Ohr tastbarer Fortsatz des Schläfenbeins) und zieht zum Brust- und Schlüsselbein. Durch die Verkürzung dieses Muskels wird der Kopf nicht in der normalen Stellung gehalten, sondern dauerhaft zur gesunden Seite gedreht und zur kranken Seite geneigt. Die Bewegung in die Gegenrichtung ist eingeschränkt. Gründe dafür sind bereits Fehlhaltungen des Ungeborenen im Mutterleib oder eine direkte Schädigung des Muskels beim Geburtsvorgang (bsp. Zangengeburt). Auch eine eventuell genetisch bedingte Anlagestörung des Muskels wird diskutiert.

Hinter einem Schiefhals können aber auch noch andere Gründe stecken, die sich meist im Erwachsenenalter manifestieren. Er treten beispielsweise Schwerhörigkeit oder Seh- und Gleichgewichtsprobleme (sog. Torticollis ocularis) auf. Auch neurologische Erkrankungen (zervikale Dystonie) oder Fehlbildungen der Halswirbelsäule können eine Schiefstellung bewirken.

Daneben gibt es noch eine akute Variante des muskulären Schiefhalses, die meist nur vorübergehend auftritt. Gründe dafür sind beispielsweise Muskelverspannungen bei einer Nervenwurzelreizung, ein Schleudertrauma oder eine einseitige Lymphdrüsenentzündung.

Symptome

Auffällig ist die typische Fehlstellung des Kopfes. Der Kopf ist auf die kranke Körperseite gekippt und zur gegenüberliegen Seite gedreht (Rotationsstellung). Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist durch die Muskelverkürzung eingeschränkt. Der Kopfnickermuskel ist messbar verkürzt. Außerdem ist ab der 2. Lebenswoche bei vielen Neugeborenen eine Schwellung am Kopfnickermuskel feststellbar, die sich im Laufe des nächsten halben Jahres wieder auflöst. Auffällig ist bisweilen, dass der Säugling nur an einer Brust trinken kann.

Weitere Folgen der Erkrankung können eine Einschränkung des Gesichtsfeldes, Verbiegungen der Wirbelsäule und auf Dauer eine „Verbiegung“ der Gesichtszüge (= Gesichtsskoliose), zum Ausgleich der Schiefhaltung sein.

Diagnose

Die Diagnose wird anhand des Untersuchungsbefundes und der typischen Kopffehlstellung gestellt. Jedoch müssen gleich scheinende Fehlstellungen, die andere Ursachen haben, ausgeschlossen werden. Dazu ist eine Röntgenaufnahme der Halswirbelsäule nötig, ebenso muss eine einseitige Schwerhörigkeit ausgeschlossen werden, die auch zu einer Schiefstellung des Halses führt. Der Hörtest, der in den ersten Lebenstagen durchgeführt wird, gibt Ausschluss über eine derartige Hörstörung.

Therapie

Die Therapie des muskulären Schiefhalses sollte sofort beginnen. Zunächst wird der Weg der konservativen Therapie mit Krankengymnastik, Lagerungstechniken und Dehnungsübungen beschritten, die eher spielerischen Charakter haben sollten; schmerzhafte, langwierige Dehnungsübungen sollten vermieden werden. Führen diese Behandlungsmethoden zu keiner Besserung des Schiefhalses, so kann auch eine operative Korrektur nötig werden.

Die konservative Therapie kann zu Hause erfolgen. Die Lagerung des Säuglings sollte auf der Seite oder auf dem Rücken erfolgen, nicht in Bauchlage. Um den Säugling zu einer Kopfdrehung auf die erkrankte Seite zu bewegen, kann man dort seine Neugier durch ansprechende optische und akustische Reize wecken. Die krankengymnastischen Übungen sollten die Eltern mit ihrem Kind zuerst unter fachmännischer Anleitung erlernen und dann täglich durchführen.

Meist schlägt die konsequente konservative Therapie so gut an, dass kein operativer Eingriff erfolgen muss. Bei der Operation (bsp. biterminale Tenotomie) wird der Kopfnickermuskel durchtrennt und die Kopfstellung korrigiert. Der Kopf muss im Anschluss mithilfe eines Gipses oder einer Halskrawatte fixiert und ruhiggestellt werden.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 11.04.2008