Myopie – Kurzsichtigkeit (engl. myopia)

         

Myopie – Kurzsichtigkeit (engl. myopia) Hinter dem medizinischen Begriff „Myopie“ verbirgt sich eine Fehlsichtigkeit des Auges – die Kurzsichtigkeit. Betroffene können in der Nähe scharf sehen, weiter Entferntes sehen sie nur ungenau. Der Grund dafür ist, dass die einfallenden Lichtstrahlen vor der Netzhaut vereinigt werden. Das Bild entsteht vor und nicht auf der Netzhaut. Prinzipiell werden zwei Formen der Kurzsichtigkeit unterschieden: Bei der benignen (= gutartigen) Myopie verstärkt sich die Kurzsichtigkeit bis etwa zum 25. Lebensjahr und schreitet dann nicht weiter voran. Die maligne progressive Kurzsichtigkeit schreitet bis ins hohe Alter fort.

Biologische Besonderheiten des kurzsichtigen Auges

Normalerweise erzeugt das Auge scharfe Bilder, da die Hornhaut und die Linse die einfallenden Lichtstrahlen brechen und sie genau auf der Netzhaut bündeln. Dort werden die Lichtreize von entsprechenden Sinneszellen in elektrische Impulse weiterverarbeitet und über den Sehnerv zum Gehirn weitergeleitet. Die Form der Hornhaut ist vorgegeben, die Linse hingegen kann ihre Form verändern und Gegenstände in unterschiedlicher Entfernung auf der Netzhaut scharf stellen. Man nennt dies Fokussierung. Wenn sich die die Linse stärker wölbt, werden nahe Objekte scharf gestellt, flacht sie sich ab, so erscheinen weiter entfernte Gegenstände scharf. Bei kurzsichtigen Menschen kann die Brechkraft durch die Linse oder Hornhaut verstärkt sein, sodass die Lichtstrahlen vor der Netzhaut gebündelt werden. Man spricht dann von einer sogenannten Brechungsmyopie (Brechungskurzsichtigkeit). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Trübung der Augenlinse vorliegt. Ursache dafür kann ein grauer Star oder Katarakt sein. Wesentlich häufiger ist die Achsenmyopie (= Achsenkurzsichtigkeit). Hier ist die Brechkraft des Auges normal, aber die Augenachse, der ganze Augapfel, ist zu lang. Die einfallenden parallelen Lichtstrahlen werden auch in diesem Fall vor der Netzhaut gebündelt. Diese Form der Kurzsichtigkeit wird in der Regel vererbt und tritt bereits in den ersten Lebensjahrzehnten auf.

Wodurch kann die Kurzsichtigkeit beeinflusst werden?

Medikamente (Sulfonamide), Prellungen oder ein Diabetes mellitus (= Zuckerkrankheit) können vorübergehend zur Myopie führen. Die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft kann dauerhaft eine Kurzsichtigkeit bedingen. Frühgeborene sind verhältnismäßig oft kurzsichtig. Ein Grüner Star (zu hoher Augendruck) in der Kindheit kann auch zu einer länglichen Verformung des Augapfels und damit zur Myopie führen. Bei älteren Menschen führt eher eine besondere Form des Grauen Stars, die sich ganz langsam entwickelt, zu einer Trübung der Linse und einer verstärkten Brechkraft mit nachfolgender Brechungsmyopie. Kontrovers wird diskutiert, ob äußere Einflüsse, wie intensive Naharbeit oder viel Lesen bei schlechter Beleuchtung, bei der Entwicklung der Kurzsichtigkeit eine Rolle spielen.

Symptome und Diagnose

Man kann die Kurzsichtigkeit gut selbst feststellen: Durch ein Zusammenkneifen der Augenlider sieht man in der Ferne schärfer. Einem kurzsichtigen Kind fällt es schwer, von der Tafel zu lesen, wohingegen es denselben Text aus einem Buch gut lesen kann. Bei der Achsenmyopie ist es auch möglich, dass der Betroffene den Eindruck hat, fliegende Mücken würden durch sein Gesichtsfeld huschen. Dieser Effekt kann dadurch entstehen, dass sich der Glaskörper aufgrund des starken Längenwachstums des Auges und der damit erhöhten Spannung von der Netzhaut ablöst. Bei sehr starker Kurzsichtigkeit kann es zu Veränderung der Netzhaut im Bereich der Makula, also dem Punkt des schärfsten Sehens, kommen. Dann kann die Kurzsichtigkeit oft nicht hinreichend therapiert werden.

Mit Hilfe von Sehprobentafeln bestimmt der Augenarzt die Sehschärfe im Vergleich zur normalen Sehschärfe. Für gewöhnlich werden auch das Gesichtsfeld und Augenbewegungen getestet. Die Augen werden zunächst getrennt und dann gemeinsam untersucht. Die Stärke der Fehlsichtigkeit wird in Dioptrien (dpt) angegeben. Dies ist der Kehrwert der Brennweite. Bei kurzsichtigen Menschen trägt der Wert ein negatives Vorzeichen. Je höher die Ziffer, desto stärker ist die Kurzsichtigkeit.

Behandlung

Die Behandlungsmethoden der Kurzsichtigkeit sind heutzutage vielfältig. Zum einen stehen konkav geschliffene Brillengläser zur Verfügung, die aus verschiedenen Werkstoffen hergestellt werden können, was sich beispielsweise auf das Gewicht der Brille und ihre Stabilität („zerkratzen“) auswirkt. Zudem können die Brillengläser getönt oder entspiegelt werden, um die Menge an einfallender UV-Strahlung zu verringern oder die Blendempfindlichkeit zu senken.

Meist aus optischen Gründen oder weil der Sehfehler einfach besser korrigiert werden kann, ist für manche Menschen das Tragen von Kontaktlinsen die beste Alternative. Diese Sehhilfe erfordert jedoch eine intensive und zuverlässige Pflege, da es sonst in sehr seltenen Fällen zu Schädigungen des Auges kommen kann. Außerdem sind regelmäßige augenärztliche Untersuchungen unabdingbar.

Eine weitere Alternative für eine ganz bestimmte Patientengruppe stellen sogenannte OK-Linsen (OK = Orthokeratologie) oder Nachtlinsen dar. Sie sind formstabil und hoch-sauerstoffdurchlässig und werden nachts getragen. Durch das Tragen wird die Form der Hornhaut für einen kürzeren Zeitraum abgeflacht und der Betroffene ist nach Entfernen der Linsen tagsüber normalsichtig. Diese Methode kann als Alternative zu normalen Kontaktlinsen genutzt werden, wenn der Betroffene tagsüber berufsbedingt keine Linsen oder keine Brille tragen kann (bsp. bei Berufen mit starker Staubentwicklung). Das Tragen dieser Linsen ist nur bis zu einer gewissen Kurzsichtigkeit möglich (circa -4,5 dpt) und bedarf einer strengen augenärztlichen Kontrolle.

Schließlich stehen zur dauerhaften Korrektur der Fehlsichtigkeit eine Reihe von operativen Verfahren zur Verfügung. Meist wird dabei die Hornhaut so verändert, dass die Lichtstrahlen auf der Netzhaut besser gebündelt werden können. Zu diesen Methoden zählen das LASIK-Verfahren, das häufigste Verfahren zur Korrektur von Brechungsfehlern, und andere laserchirurgische Methoden (bsp. photorefraktäre Keratektomie). Bei extrem kurzsichtigen Menschen wird eventuell eine zusätzliche Linse in das Auge eingebracht oder die eigene Linse durch eine künstliche ersetzt.

Bei allen Methoden ist eine vorhergehende gründliche Beratung durch den Augenarzt unumgänglich. Alle Vor- und Nachteile sollten gründlich abgewogen werden. Eine ausführliche Aufklärung über die Operationsrisiken ist nötig.

Am ehesten sind operative Verfahren für Personen geeignet, bei denen sich die Sehschärfe durch Brillen oder Kontaktlinsen nicht ausreichend korrigieren lässt oder die berufsbedingt keine Brille tragen können. Die diversen Verfahren sind auch nicht für alle Patienten geeignet. Ausgeschlossen sind beispielsweise Personen, deren Sehstärke sich im letzten Jahr geändert hat oder die unter Autoimmunkrankheiten oder Erkrankungen des Bindegewebes leiden. Dasselbe gilt bei der Einnahme von bestimmten Medikamenten oder bei Jugendlichen unter 21 Jahren. Weitere Ausschlusskriterien sind eine zu dünne Hornhaut oder ein lockeres Hornhautepithel (LASIK-Verfahren).

Vor dem operativen Eingriff sind zahlreiche Augenuntersuchungen nötig. Die eigentliche Operation dauert oft nur wenige Minuten und erfolgt unter örtlicher Betäubung. Für gewöhnlich kann der Patient bereits kurz nach der Operation nach Hause gehen.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 15.06.2008