Hypogonadismus – Ursache Therapie Diagnose

         

Hypogonadismus (engl. hypogonadism)

Unter Hypogonadismus versteht man die Unterfunktion der Geschlechtsdrüsen (Gonaden). Am häufigsten ist damit eine fehlende oder verminderte hormonelle Aktivität der männlichen Keimdrüsen (Hoden) gemeint. Die Folge ist eine gestörte Ausbildung oder Rückbildung der primären und eventuell der sekundären Geschlechtsmerkmale. Je nach Lebensalter des Betroffenen hat der Hypogonadismus verschiedene Ausprägungen.

Wissenswertes über die Steuermechanismen der männlichen Hormone

Die männlichen Sexualhormone werden Androgene genannt. Ihr wichtigster Vertreter ist das Testosteron. Die Androgene werden beim Mann in den Hoden gebildet. Während der Pubertät erhöht sich die Ausschüttung von Testosteron um ungefähr das Zehnfache. Die Androgene bedingen die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale und sind für die Spermienbildung und den Geschlechtstrieb verantwortlich. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle beim Knochen- und Muskelaufbau sowie für das Längenwachstum. Die Bildung des Testosterons unterliegt einem sehr fein abgestimmten Regulationsmechanismus. Die Ausschüttung von Testosteron wird von den Hormonen LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) reguliert. Die beiden Hormone werden in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) gebildet und als Gonadotropine bezeichnet, weil sie auf die Gonaden (Keimdrüsen) wirken. LH fördert die Freisetzung von Testosteron aus den Leydig-Zellen des Hodens. FSH stimuliert die Sertoli-Zellen in den Hodenkanälchen und damit die Samenreifung. Steigt der Testosteronspiegel im Blut an, so wird die Ausschüttung von LH gehemmt. Inhibin, eine von den Sertoli-Zellen gebildete Substanz, hemmt die FSH-Freisetzung. Diese Effekte nennt man negative Rückkopplung. Die Testosteronproduktion wird jedoch auch noch indirekt von einem weiteren Hormon beeinflusst – dem GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon). Es wird im Hypothalamus (= Teil des Zwischenhirns) gebildet und stimuliert die Hypophysenhormone LH und FSH.

Welche Ursachen kann die Hodenunterfunktion haben?

Bei einem Hypogonadismus werden verschiedene Formen unterschieden, die sich auf unterschiedliche Ursachen zurückführen lassen.

1. Primärer (hypergonadotroper) Hypogonadismus

Bei dieser Form liegt die Ursache der Störung in den Hoden selbst. Es wird zu wenig Inhibin in den Hoden gebildet. Die niedrigen Inhibinwerte stimulieren die Hirnanhangdrüse, die durch eine erhöhte FSH-Ausschüttung versucht die Hodenfunktion zu stimulieren. Je höher der FSH-Wert ist, desto größer ist das Ausmaß der Hodenschädigung.

Die primäre Hodenunterfunktion kann durch angeborene Fehlbildungen oder erworbene Schädigungen bedingt sein. Gründe für letztere sind beispielsweise Verletzungen (z.B. Hodendrehung), Strahleneinwirkung oder verschiedene Erkrankungen (z.B. Hodenentzündungen).

2. Sekundärer und tertiärer (hypogonadotroper) Hypogonadismus

Bei dieser Erkrankungsform schüttet die Hypophyse zu wenig FSH und LH aus. Ein so genannter GnRH-Test gibt Aufschluss über diese Unterfunktion. Dazu wird dem Patienten zunächst Blut entnommen und die Basiskonzentrationen der beiden Hypophysenhormone bestimmt. Anschließend wird ihm GnRH injiziert und die beiden Hormone erneut ermittelt. Bleiben die Werte der Hypophysenhormone niedrig, so liegt eine Störung der Hypophyse vor. Steigen die Werte von FSH und LH nach der Gabe von GnRH an, so liegt eine Störung im Bereich des Hypothalamus vor. Man spricht hier von tertiärem Hypogonadismus.

Mögliche Gründe für den sekundären Hypogonadismus sind beispielsweise starke Unterernährung, Schilddrüsenunterfunktion oder Erkrankungen der Hypophyse selbst (bsp. Hypophysentumor). Auch die verstärkte zusätzliche Einnahme von Androgenen bringt die Hypophyse so aus dem Gleichgewicht, dass sie weniger Gonadotropine ausschüttet und die Spermienzellbildung beeinträchtigt ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn so genannte Anabolika zum Muskelaufbau eingenommen werden.

Welche Symptome zeigen sich bei Hypogonadismus?

Die Auswirkungen der Störung sind davon abhängig, in welchem Lebensalter sie eintreten:

  • Bei einem Funktionsausfall der Hoden vor Beginn der Pubertät kommt es zu körperlichen und psychischen Störungen. Wird kein Testosteron gebildet, kann sich ein so genannter Eunuchoidismus entwickeln. Typische Kennzeichen sind Hochwuchs, hohe Stimme und Unterentwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale.
  • Fällt die Hodenfunktion erst nach der Pubertät aus, so werden die nach der Pubertät entwickelten sekundären Geschlechtsmerkmale (bsp. Bartwuchs) zurückgebildet. Fertilitätsstörungen und Osteoporose können auftreten.
  • Eine Sonderform stellt das Klimakterium virile, der Hypogonadismus des alternden Mannes dar. Die erniedrigten Testosteronwerte können folgende Störungen bewirken: Abnahme oder Verlust der Libido, Reduktion der Muskelmasse und Knochendichte sowie Anämie und depressive Verstimmungen.

Wie erfolgt die Behandlung der Hodenunterfunktion?

Bei der primären Hodenunterfunktion muss das fehlende Testosteron kontinuierlich (lebenslang) zugefügt werden. Man spricht von einer Testosteron Substitutionstherapie. Das Hormon wird auf das Alter und das Gewicht des Patienten abgestimmt. Es kann in Form von Spritzen, Tabletten oder durch spezifische Pflaster verabreicht werden.

Bei der sekundären Hodenunterfunktion werden die Hormone der Hypophyse (FSH und LH) durch zusätzliche Gonadotropinpräparate ergänzt. Die Spermienzellbildung wird dadurch angeregt. Diese Behandlung wird häufig im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung durchgeführt.